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«Mir trülled im Chreis» – Albumtaufe von Ahh wa!
Jürg Odermatt / Martin Fischer, Sprecher: Raphael Burri
24.6.2022: 20–23H
Zwischen Stuhl und Punk: Fisch und Odi taufen als Elektronik-Duo Ahh wa! ihren Album-Erstling «Mir trülled im Chreis» feat. das grösste Booklet der Welt. Ahh wa? Ahh wa!
Ein Booklet? Richtig gelesen! …ein gigantisches Booklet, ein Kunstmagazin, ein Fanzine mit gegen 40 Beiträgen. Das wird ein Fest!
Doors: 20 Uhr
Live-Sets: 20.30 und 21.45 Uhr
Schluss: 23 Uhr
Eintritt: CHF 15 (Abendkasse)
Die Pandemie war los, und ihre Band Papst & Abstinenzler flog ihnen um die Ohren – da warens nur noch zwei. Mitten in diesen allg. und spez. Scheiss hinein whatsappte Fisch: «Ich bin grad am Hits produzieren.» Das hörte dann nicht mehr auf. Weit weg von Bandmusik und engen Terminen in Proberäumen baute er Tracks in seinem Kellerstudio. Und Odi begann, neue Texte zu schreiben. Manche passten gleich zur neuen Musik.
Um Silvester 2020 wussten sie, wies geht. Weiter nämlich. Als Gescheiterte bisher in Sachen Selbstverwirklichung, zwischen Stuhl und Punk. «Mir sind egal.» Egal. Moment: Egal? Ahh wa!
Im Sommer 21 purzelten die kurzen Songs nur so aus den kurzen Ärmeln. Auf dem Handrücken Ruedi Widmers Memo: «Und keine Angst vor Italo Disco!», mit Kugelschreiber hingekritzelt und noch lang zu lesen am Meeresstrand, bevors mehr und mehr verblich. Man musste ja nicht alles verstehen. Fisch im heimischen Equipmenthimmel im Sockelgeschoss. Fisch an den Reglern. Schraubte an Synthis, spielte Bässe ein, ging durch die Decke, durch Wände, fand den richtigen Ton im Falschen, justierte, machte den Shit heiss. Odi als nicht ganz Dichter, Wortklauber, Satzklauer, Kalauerer, gab seinen eher schoafn Senf am Mikrofon dazu – genau: Gerede, Gebrummel, Gecroone, Gesang.
Und plötzlich hatten die zwei genug Musik für ein Doppelalbum. «Wenns läuft, dann läufts» (Franz Kafka). Vinyl machen wollten sie aber nicht mehr. Nicht zuletzt wegen der stets noch groteskeren Lieferfristen der Presswerke, wo sich neuerdings die Majors vordrängeln.
Dann lieber ein Digitalzugang zur Musik per Downloadcode.
Begleitet wird dieses überbordende Album von einem passenderweise schön fetten – ja was denn eigentlich? Einem gigantischen Booklet, einem Kunstmagazin, einem Fanzine. Augen und Hände hören schliesslich mit. Das alles ist DIY 2.0, so quasi. Odi fragte Leute an, die er mag, und (fast) alle sagten zu, machten mit, einfach so.
Gegen 40 Beiträge von ebenso vielen Beteiligten sind im rekordverdächtig umfangreichen Booklet zu «Mir trülled im Chreis» versammelt: Zu jedem Stück gibts neben den Lyrics zusätzliche Texte und Illustrationen – Assoziatives, Deepes, Albernes, Wahres.
Wir drehen im Kreis, kann schon sein. This ain’t no party, this ain’t no Chilbi – und Zuckerwatte mags nicht geben hier. Dafür aber dieses unfassbare Album. Ahh wa! spielen an diesem Abend ein paar Stücke daraus. Die Bar ist auf, das Bier kühl. Dazu gibts Minilesungen. Und alles wird sowieso guet!
Text: Elektro Müller
«Sorry, bin abgeschweift, die unverhoffte Mundart steht hier quer im knalligen Elektrobeat-Gewand, wäre das Genre garament Rheinfall-Industrial-Disco zu nennen? Die retrofuturistische Elektronik hat in der Gegend ja eine gewisse Tradition.»
(Marzl Elsener)
«Kennengelernt habe ich Odi als zynischen Blueser aus der Schweiz, aber da ich um seine Wandlungsfähigkeit weiss, war ich nicht überrascht, als in seiner letzten musikalischen Post ein hedonistischer Elektrorock-Stampfer steckte. Völlig aus der Zeit gefallen, wie eine liegengebliebene Hitsingle aus einem Indiepop-Club aus den Neunzigern. Auch wieder etwas, was uns verbindet: todesverachtend, den Zeitgeist ignorierend, Musik machen, die uns beseelt.»
(David Pfister, FM4, Wien)